So, lang‘ hab ich mir meine Diplomarbeit nicht mehr angeschaut, doch nun musste es einfach nocheinmal sein. Mir gefällt inzwischen zwar gar nicht mehr die Spiralbindung des Teils – hätte ich doch bloß nen bissel mehr Geld auf’n Tisch gelegt für ne ordentliche Bindung. Doch Fehler geschehen eben immer wieder.
Ich werde nun mal einen Teil des Buches hier auf meiner Seite veröffentlichen – wenn ich’s nicht vergessen sollte werden auch noch ein paar Fortsetzungen folgen.
Vorwort
Fehler: Defekt, Fehlleistung,…
Fehler: Defekt, Fehlleistung, Irrtum, Kapitalfehler, Lapsus, Laster, Makel, Mangel, Mißgriff, Nachteil, Patzer, schnitzer, Schuld, schwäche, Taktlosigkeit, Ungeschick, Unrichtigkeit, Unstimmigkeit, Unzulänglichkeit, Verfehlung, Vergehen, Verrechnung, Versehen, Zuwiderhandlung, Übertretung…
Wir haben viele Worte für die Beschreibung dessen, was nicht sein soll, was in irgendeiner Form nicht richtig und fehlerhaft ist. Doch woher wollen wir wissen, was richtig und was falsch ist, und vor allem, warum wollen wir keine Fehler begehen? Haben wir doch schnell gelernt, daß wir unser Wissen zu großen Teilen auf Fehlern gewinnen, die wir im Laufe der Zeit begehen – gern nachträglich auch Erfahrung genannt. So hangelt man sich dann von Fehler zuFehler und hoffr daraus zu lernen – Das berühmte „Try and Error“ Verfahren eben, ohne welches wahrscheinlich kein Kind die tatsächlichen Konsequenzen einer heißen Herdplatte wird verstehen können.
Da hilft ganz einfach keine noch so pädagogisch wervolle Ansprache besorgter Eltern, denn wirklich kapiert hat man es erst, wenn man sich mal ordentlich verbrannt hat. Dieses, die Erleuchtung bringende Verbrennen, scheint uns bis ins hohe Alter zu begleiten – ganz gleich ob es nun die ersten Selbstversuche mit Alkohol, Befehlsverweigerungen gegenüber Eltern, Lehrern, Vorgesetzten, Polizisten, Steuerbehörden oder Lebenspartnern, oder was auch immer sind.
Die Törichten & Die Gescheiten
Doch besonders dumm ist dieses Vorgehen nur, wenn man immer wieder an den selben Fehlern scheitern, oder wie es der österreichische Erzähler Karl Heinrich Waggerl gesagt hat: „Am Auffälligsten unterscheiden sich die Leute darin, daß die Törichten immer wieder dieselben Fehler machen, die Gescheiten immer wieder neue.“
Insofern sollte man sich ein ums andere Mal freuen, wenn man es wieder geschafft hat einen neuen fehler zu begehen und gar nicht erst versuchen, die Fehler vorsichtig zu umschiffen.
Das Menschliche ist Fehler
Abgesehen von dieser sicherlich besonders erfolgreichen Lernmethode stellt sich aber des weiteren die Frage, ob es überhaupt immer erstrebenswert ist, keine Fehler zu begehen. Denn die bekannten Wege zu den perfekten idealen Ergebnissen haben den entscheidenden Nachteil, daß sie bereits von Massen durchschritten wurden – einfach weil die Masse dieses ideale Ergebnis anstrebt. Auf diese Weise werden beispielweise in der Gestaltung wohl kaum wirklich neue oder einzigartige Ergebnisse erzielt. Auch fehlt dem Perfektionistischen geradezu grundsätzlich jeder Hauch von Menschlichkeit oder gar Leben, denn nicht das Perfekte ist menschlich sondern das Irren.
„Errare humanum est“ Lucius Annaeus Seneca, 4-65 nach Christus.
Die Beziehung zu deinem Auto
Oft bauen wir gerade zu den Dingen eine Beziehung auf, die eben nicht perfekt sind. So gibt es sicherlich deutlich mehr, sich vor der nächsten Tüvinspektion fürchtende Autos die einen Namen tragen, als fabrikneue Superautos, und das wohl auch nicht aus reiner Fürsorge oder Mitleid. Ich selbst gartuliere meinem Auto jedesmal, wenn es mich wieder mal heil nach Köln oder wo auch immer hin getragen hat, und das Überschreiten der magischen 100.000 Kilometer, was zu einer Anzeigentechnischen Wiedergeburt meines Polos führte, (sein Tachometer hat nur fünf Stellen) wurde gebührend mit einer Bierdosentaufe gefeiert. Wer macht so was schon mit ‘nem neuen BMW? Ich wills eigentlich gar nicht erst wissen.
Computerangst
Wahrscheinlich wären Computer auch nie so erfolgreich geworden, wenn sie ihrem Ruf von Unfehlbarkeit wirklich bedingungslos gerecht wären – schließlich haben wir fehlbares Menschenwesen eher Angst vor der Zusammenarbeit mit unfehlbaren Maschinen. Nachdem man sich mit der Maschine aber vertraut gemacht hat und merkt, wie dümmlich fehlerhaft sie ist, erträgt man die Zusammenarbeit deutlich leichter.
Die Welt ist echt
Eine wirklich fehlerfreie Welt kann wahrscheinlich nur als theoretisches Konstrukt wie der Mathematik bestehen, in der 1+1=2 immer richtig ist, und es uns einfach gemacht wird einen Fehler auch als solchen zu erkennen. In der realen Welt mit ihren unzählbaren Faktoren, Einflüssen und Ungenauigkeiten wird es dagegen zunehmend schwieriger einen Fehler als solchen zu entlarven. Einmal abgesehen von der sich auch in der Evolution immer wieder stellenden Frage, ob der Fehler nicht vorteilhafter ist als das Fehlerfreie. Mit dieser und ähnlichen Fragen beschäftigen sich die folgenden Seiten dieses Buches – selbstverständlich auf äußerst fehlerhafte Weise.